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Kosmetika können Hormon-ähnliche Substanzen enthalten
Haarfarben, Sonnenschutzmittel, Duschgele … einige Produkte enthalten Chemikalien, die wie Hormone gebaut sind und daher auch wie Hormone wirken können. Bild: popcorner/Shutterstock.com

Kosmetika: Chemikalien, die wie Hormone wirken

Haarfarben, Sonnenschutzmittel, Duschgele … einige Kosmetik-Produkte enthalten Chemikalien, die wie Hormone gebaut sind und daher auch wie Hormone wirken können. 

Unser täglicher Hormon-Cocktail

In unserem Alltag begegnen wir zigtausenden verschiedenen chemischen Stoffen. Sie stecken in Computern, Textilien, Lebensmitteln, Verpackungen oder Kosmetikprodukten - und manche davon haben hormonschädigende Eigenschaften. Ein bekanntes Beispiel ist Bisphenol A (BPA), das uns in bestimmten Kunststoffen und Kassabons begegnet.

Ein anderes Beispiel für hormonell wirksame Chemikalien sind sogenannte Phthalate, also Weichmacher, die in PVC und anderen Kunststoffen Einsatz finden. Auch einige chemische Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel wirken wie Hormone.

Warum wir eine freiwillige Kennzeichnung brauchen

Was sind hormonell wirksame Chemikalien?

Hormonell wirksame Chemikalien sind körperfremde Stoffe. Sie ähneln körpereigenen Hormonen und können diese verstärken aber auch blockieren. Meist sind sie nicht akut giftig; sie stehen jedoch im Verdacht, wichtige Entwicklungsprozesse zu stören. Föten im Mutterleib, Kleinkinder und Pubertierende reagieren besonders empfindlich auf hormonell wirksame Schadstoffe. Viele dieser Chemikalien wirken -  so wie echte Hormone – bereits in sehr geringen Mengen.

Viele Wissenschaftler bringen hormonell wirksame Stoffe mit der weltweiten Zunahme folgender Störungen in Zusammenhang:

  • Krebs: Durch Hormonstörungen ausgelöste Krebsarten wie Brust-, Prostata- und Schilddrüsenkrebs
  • Unfruchtbarkeit
  • Übergewicht (Adipositas)
  • Zuckerkrankheit (Diabetes)
  • Herz-Kreislauferkrankungen
  • Entwicklungsstörungen des Nervensystems bei Kindern/ADHS

EU-Kommission ist säumig

Die EU-Kommission wäre seit Jahren u.a. bei den Kosmetika zu Maßnahmen verpflichtet gewesen. Auch eine wichtige Grundlage, nämlich die Definition von hormonell aktiven Stoffe, ist erst nach vielen Verzögerungen im Jahr 2018 veröffentlicht worden. Viele NGOs, Wissenschaftler, einzelne Mitgliedsstaaten und das EU Parlament (zuletzt im April 2019) forderten immer wieder gesetzliche Regelungen. Die neue Kommissionspräsidentin Ursula van der Leyen ebenso wie die künftigen Kommissare für Umwelt und Gesundheit haben wohl auch deshalb angekündigt, dass der Schutz von Mensch und Umwelt vor diesen Chemikalien hohe Priorität hat.

Verdächtige Chemikalien

Ein Drittel enthielt verdächtige Chemikalien

Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 und der deutsche Bund für Umwelt und Natur (BUND) haben 2013 Untersuchungen zu dem Thema veröffentlicht. Sie zeigen, dass rund ein Drittel der in Österreich und Deutschland erhältlichen Körperpflege- und Kosmetikprodukte Inhaltsstoffe enthielten, die gemäß EU-Prioritätenliste im Verdacht stehen, das Hormonsystem negativ zu beeinflussen.

Als Reaktion auf diese Untersuchungen haben einige Handelsketten ihre Körperpflege-Eigenmarken vorsorglich auf „hormonfrei“ umgestellt. Sie haben Inhaltsstoffe aus ihren Produkten entfernt, die in der EU-Prioritätenliste (2007, Kategorie 1, s.u.) aufscheinen.

Freiwillige Kennzeichnung: „hormonfrei“

Die Initiative dafür ist im Jahr 2016 von Global 2000, der Bundesarbeiterkammer und von uns, dem Verein für Konsumenteninformation, ausgegangen – unterstützt vom Gesundheits- und Umweltministerium. Die Kennzeichnung „Ohne hormonell wirksame Zusätze - Basis: EU-Prioritätenliste, www.vki.at/hormoninfo“ - ist freiwillig. Hersteller und Händler können sie auf ihren Produkten anbringen.

Hormon-Chemikalien in Kosmetika

Schon im Jahr 2007 wurde von der EU-Generaldirektion für "Umwelt" in einer Studie eine Verdachtsliste für hormonell wirksame Chemikalien veröffentlicht, die sogenannte „EU-Prioritätenliste“. In dieser Prioritätenliste sind 194 Chemikalien in der höchsten Kategorie (Kat.1) eingestuft. Das bedeutet, dass Wissenschaftler für diese Stoffe bei Tieren hormonschädigende Effekte festgestellt haben. Wenn man diese mit den in Kosmetikprodukten eingesetzten Chemikalien vergleicht, so entsteht eine Liste von 18 Stoffen, die bis 2019 Grundlage für die Kennzeichnung „Ohne hormonelle Zusätze“ war.

Laut Artikel 15 der EU-Kosmetikverordnung hätten spätestens mit 11. Januar 2015 der Umgang mit hormonaktiven Chemikalien überprüft und geeignete Maßnahmen gesetzt werden sollen. Ein erster Schritt dazu wurde aber erst im Mai 2019 unternommen: die Kommission hat eine Liste von 28 Stoffen mit potenziell hormonschädigender Wirkung veröffentlicht, für die Hälfte dieser Stoffe sieht sie eine höhere Priorität gegeben. Diese 28 Chemikalien, ergänzt um Ethylparaben, sind als neue Prioritätenliste Basis für die freiwillige Kennzeichnung, mit einer Übergangsfrist für bereits gekennzeichnete Kosmetikprodukte nach der ursprünglichen Liste.

Liste hormonell wirksamer Chemikalien in Kosmetika

Stoffname laut INCI (Internationale Nomenklatur der Kosmetikinhaltsstoffe)

Methylparaben* : Konservierungsstoffe (schützen die Kosmetikprodukte vor Schimmelpilzen und Bakterien), teilweise auch als antibakterielle Wirkstoffe  für die Haut eingesetzt.

Ethylparaben**: Konservierungsstoff

Propylparaben: Konservierungsstoff

Butylparaben*: Konservierungsstoff

Salicylic acid*: Konservierungsstoff

Triclocarban: Konservierungsstoff

Triclosan: Konservierungsstoff

BHT (butylated hydroxytoluene): Antioxidantien (verhindern den oxidativen Abbau von Kosmetik-Inhaltsstoffen)

Tert-butylhydroxyanisole/Butylated Hydroxyanisole/BHA*: Antioxidantium

Octocrylene: UV-Filter (schützen die Haut vor UV-Strahlung)

Homosalate: UV-Filter

Ethylhexyl methoxycinnamate(EHMC)/ Octylmethoxycinnamate (OMC)/Octinoxate*: UV-Filter

4-Methylbenzylidene Camphor: UV-Filter

Benzophenone: UV-Absorber (schützen das Produkt vor UV-Strahlung)

Benzophenone-1/BP-1*: UV-Absorber

Benzophenone-2/BP-2*: UV-Absorber

Benzophenon-3: UV-Filter und UV-Absorber

Benzophenone-4/BP-4*: UV-Filter und UV-Absorber

Benzophenone-5/BP-5*: UV-Filter und UV-Absorber

Benzylsalicylat: Duftstoffe

Butylphenyl methylpropianol/BMHCA (Lilial)*: Duftstoffe

Cyclopentasiloxane/ Decamethylcyclopentasiloxane/D5*: feuchthaltend, haarpflegend, geschmeidig Effekt

Cyclomethicone* (D4, D5 and D6): feuchthaltend, haarpflegend, geschmeidig Effekt

Resorcin: unterstützt die oxidative Haarfärbung

Triphenyl phosphate*: Weichmacher (z.B. in Nagellack)

Genistein: Phytoöstrogene (pflanzliche, dem weiblichen Sexualhormon Östrogen ähnliche Stoffe)

Daidzein: Phytoöstrogen

Kojisäure: Bleichwirkung auf die Haut, überwiegend in Importprodukten

Deltamethrin*: Insektizid, kaum in Kosmetika eingesetzt

Basis: Prioritätenliste der potentiell hormonell schädigenden Stoffe der EU Kommission (2019): https://ec.europa.eu/growth/content/call-data-ingredients-potential-endocrine-disrupting-properties-used-cosmetic-products_en

 

Legende

Ohne Markierung, kein Stern - Gruppe A: Höhere Priorität: Hormonschädigende Wirkung wurde bereits nachgewiesen oder es findet derzeit eine Substanzbewertung im Chemikalienrecht statt.

* Gruppe B: Im Chemikalienregime noch nicht bewertet oder als hormonell schädigend für die Umwelt anerkannt, nicht aber für den Menschen. Teilweise vom wissenschaftlichen Gremium SCCS als sicher bewertet oder als krebserzeugend, mutagen oder reproduktionstoxisch eingestuft, womit andere Maßnahmen verbunden sind.

** Ethylparaben wurde vom Projektteam ergänzt, um die Liste der Parabene zu vervollständigen. Wissenschaftliche Belege:

https://www.chemsafetypro.com/Topics/Restriction/UN_list_identified_endocrine_disrupting_chemicals_EDCs.html
https://www.nature.com/articles/srep25173

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